St. Maximin

J. S. Bach: "Himmelfahrtsoratorium" und "Magnificat"

Am Sonntag, den 21. Mai 2000 gab der Trierer Konzertchor in St. Maximin Trier ein Konzert mit J. S. Bachs "Himmelfahrtsoratorium" und "Magnificat".

Solisten:

  • Ursula Targler (Sopran)
  • Margarete Joswig (Alt)
  • Robert McLaren (Tenor)
  • Michael Haag (Bass)


Unterstützt wurden wir vom Kurpfälzisches Kammerorchester Mannheim.

 

Bach legt die Perücke ab

Auftakt der Moselfestwochen in St. Maximin

Von unserem Redakteur Martin Möller.

TRIER. Dreimal Bach in D-Dur. Reichlich Anlass für eine trompetenschmetternde und paukenschlagende Brillanz. Aber das Eröffnungskonzert der Mosel Festwochen in der Trierer Kirche St. Maximin war anders.

Vom ersten Chorsatz des Himmelfahrtsoratoriums an wird es klar: Bei Manfred May steht nicht die Klangfassade im Zentrum, sondern eine humane und gemeinschaftliche Festlichkeit. So deutlich macht er es, dass manche Tempi zu sehr anziehen. Der Mittelteil in der Ouvertüre BWV 1068 gerät so schnell, dass Olga Nodel, der vorzüglichen Konzertmeisterin im hervorragenden Kurpfälzischen Kammerorchester, kein Gestaltungsraum mehr bleibt. Auch die eilig genommene "Sicut locutus"-Fuge im Magnificat irritiert: Sollte Gott tatsächlich so beschwingt zu den Urvätern gesprochen haben?

Mag man über die Tempogebung dieser oder jener Meinung sein - fest steht, dass die Stücke in sich ruhten, dass nichts forciert, verhetzt, unruhig oder starr geriet. Die Festlichkeit dieser Interpretation tritt sacht, beweglich, organisch auf. In der berühmten Air singen sich die Innenstimmen des Streichersatzes so sorgfältig aus, dass sie auch auf den hinteren Plätzen der lang gestreckten Abteikirche als kompositorische Individuen erkennbar bleiben. Die Continuogruppe lässt zudem die pendelnden Figuren ausschwingen, nimmt ihnen alles Enge und Gestelzte. Und wenn sie in der "Quia fecit"-Arie des Magnificats zu Michael Haags solidem, freilich ausstrahlungsarmem Bass solistisch auftritt, tut sie das ohne Schwerfälligkeit.

Bach legt die Perücke ab. In der ersten Arie des Himmelfahrtoratoriums vermittelt die flexible Streichergruppe den Gestus des Flehens, des Bittens, und Margarete Joswigs gradliniger Alt schmiegt sich den Wendungen der Melodie an und hat doch Kraft zur übergreifenden Gestaltung. Ursula Targler hat selbst für die äußerst heiklen Sopranarie des Himmelfahrtsoratoriums (nach einer eingeschobenen Sopranarie aus der Kantate 43) sängerische Potenz genug. Und Robert MacLaren, im "Deposuit" eher angestrengt, singt seinen Part im Duett "Et misericordia" mit leichtem, hellen und doch prägnantem Tenor und verleiht dem Satz gemeinsam mit Margarete Joswig Ausdruck zarten Mitgefühls.

Vielleicht ist manches Diffuse im Trierer Konzertchor der Tendenz zum Organischen zuzuschreiben. Wenn Bach die enge Verzahnung der Koloraturen lockert, wenn er die mehrstimmigen Verästelungen in den Chorsätzen bündelt, dringen die Sängerinnen und Sänger vor zu reinem, bewegendem Ausdruck. So wurden der Mittelteil im Kopfsatzs des Himmelfahrtsoratoriums und der lebhafte Ausklang des Magnificats Beispiele lebendiger, hörend engagierter Chorkultur. Den Schlusssatz im "Himmelfahrtsoratorium" geht Manfred May vorsichtig, fast gemächlich an.

Und die Sorgfalt lohnt. Die Trompeter, die sich im gesamten Konzert von blechglänzenden Fortissimo distanzierten, können die eher grob instrumentierten Anfangstakte der Instrumentaleinleitung so fein und sauber blasen, dass der Gesamtklang nicht leidet. Und mitten hinein singt der Chor seine Choralbearbeitung - beweglich in den Unterstimmen, stark und deutlich im Sopran. Ein viel versprechender Start für die Mosel Festwochen.

 Kritik aus dem Trierischen Volksfreund