Innenhof des Kurfürstlichen Palais

Reizvoll: Die römische Konstantin-Basilika als Kulisse für das Oratorium über den bekehrten Christenverfolger. Foto: Gerhard W. Kluth

Felix Mendelssohn-Bartholdy: Paulus

  • Judit Németh - Mezzosopran
  • Marion Eckstein - Alt
  • Wolfram Wittekind - Tenor
  • Thomas Berau - Bariton

Sinfonietta Saarbrücken Trierer Konzertchor Leitung: Manfred May

 

"Das größte Werk seiner Zeit" und seine Geschichte

Oratorium open air: Mendelssohn Bartholdys Paulus

Von unserem Mitarbeiter Gerhard W. Kluth

TRIER. (gkl) Mit dem Oratorium "Paulus" hat sich der Trierer Konzertchor des größten Chorwerkes von Felix Mendelssohn Bartholdy angenommen. Unter der Leitung von Manfred May wird das gewaltige Opus am 24. August im Innenhof des Kurfürstlichen Palais erklingen.

Es war lange still um das große Oratorium "Paulus", dem Erstlingswerk dieser Gattung, das Felix Mendelssohn Bartholdy in den Jahren 1834 bis 1836 komponierte. Dabei trat es schon mit seiner Uraufführung in Düsseldorf einen regelrechten Siegeszug an. Schon fünf Monate später wurde es in englischer Übersetzung am 3. Oktober in Liverpool aufgeführt, und nach 18 Monaten konnte man schon die 50. Aufführung zählen.

Im gesamten 19. Jahrhundert wurde das Opus 36 als "das größte Werk seiner Zeit" gefeiert, wie der Philosoph Ferdinand Gotthelf Hand es bezeichnete. Selbst Richard Wagner, der später Mendelssohn und seine Werke auf das schlimmste verunglimpfen sollte, lobte den "Paulus" nach dessen Dresdener Erstaufführung in den höchsten Tönen.

Entsprechend dem Zeitgeschmack wurde das Oratorium immer weiter romantisiert bis hin zu szenischen Aufführungen, in denen Christus im weißen Gewand auf einer Wolke steht und Stephanus und Paulus kniend zu ihm emporblicken (Düsseldorf 1873).

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts und der antiromantischen Erneuerung verschwanden die Noten für lange Zeit in den Schubladen. Anders als bei Mendelssohns Sinfonien fand man den Paulus kaum einmal auf einem Konzertprogramm. Erst in den 80er und 90er Jahren kam es zu einer Wiederentdeckung dieser großen Komposition, in der das christliche Leben des großen Apostelfürsten nacherzählt wird.

Der Trierer Konzertchor unter der Leitung von Manfred May hat sich des Notentextes angenommen und in Kooperation mit den Moselfestwochen auf sein Programm gesetzt. Den Orchesterpart übernimmt bei dieser Aufführung die Sinfonietta Saarbrücken.

Auch bei den Solisten werden die Konzertfreunde vorwiegend bekannte Namen wiederfinden. So den Düsseldorfer Tenor Wolfram Wittekind und den Bariton Thomas Berau vom Nationaltheater Mannheim. Zum ersten Mal in einem großen Konzert wird die aus Monzel stammende und in Stuttgart lebende Altistin Marion Eckstein zu hören sein.

Als Heimspiel betrachtet die Mezzosopranistin Judit Németh ihren Auftritt. Sie ist seit vielen Jahren in Trier bekannt. "Zu Konzerten nach Trier kommen, ist für mich wie nach Hause kommen", sagt sie. "Ich habe in den vielen Jahren, seit May mich das erste Mal nach Trier geholt hat, etliche liebe Freunde dort gefunden und fühle mich dort sehr wohl."

Die in Miskolc in Ungarn geborene Németh hat sich seit einigen Jahren durch ihre Verpflichtungen bei der Ungarischen Staatsoper und bei den Bayreuther Festspielen einen Namen als Opernsängerin gemacht. Angefangen aber hat sie ihre Karriere als Oratoriensängerin, etwa in Händels "Jephta", Bachs "Matthäuspassion" oder im letzten Jahr in Verdis "Requiem". Das Oratorium "Paulus" würde sie gerne öfter singen. "Ich hatte bisher erst einmal die Gelegenheit, es zu singen, und zwar in Mexiko. Es ist schade, dass dieses großartige Werk so selten aufgeführt wird und freue mich deshalb umso mehr, es in Trier singen zu können."

Németh genießt es, in Konzerten aufzutreten. "Anders als bei Opernaufführungen kann ich bei Konzerten einen viel direkteren Kontakt zu meinem Publikum aufbauen. Das ist schön für mich und wichtig für die Musik." Auf die Stilrichtung des Paulus angesprochen, meint sie: "Natürlich ist der Paulus romantische Musik. Aber das Oratorium hat auch barocke Anteile, die an Bach und Händel erinnern. Es ist eben Mendelssohn."

Aufgeführt wird das Oratorium am Samstag, 24. August, um 20 Uhr im Innenhof des Kurfürstlichen Palais; bei schlechtem Wetter in der Abteikirche St. Maximin. Karten: (06531) 3000; Wetterhotline ab 18.30 Uhr: (0172) 6716000.

  © Copyright 2002 Trierischer Volksfreund // Erschienen am Mittwoch, dem 21. August 2001.

 

Vom Wandel eines Menschen

Trierer Konzertchor, Sinfonietta Saarbrücken und Solisten beeindrucken mit Oratorium "Paulus" in Trier

Von unserem Mitarbeiter Gerhard W. Kluth

TRIER. Mit seinem Oratorium "Paulus" hat Felix Mendelssohn Bartholdy die Lebensgeschichte einer der interessantesten Persönlichkeiten der Christenheit skizziert. Unter Leitung von Manfred May interpretierten der Trierer Konzertchor, die Sinfonietta Saarbrücken und hochkarätige Solisten dieses Opus.

Eine der schwierigsten Personen in der Geschichte der frühen Christenheit ist die des Saulus von Tarsus, später besser bekannt als der Apostelfürst Paulus. Laut der christlichen Glaubenslehre erst erbitterter Verfolger der Anhänger Jesu, wird er neben Petrus zum führenden Vertreter der christlichen Lehre. Wenn auch theologisch bis heute immer noch nicht ganz erforscht und teilweise umstritten, gehört er doch zu den aufregendsten Persönlichkeiten, die das Christentum aufzubieten hat.

Gerade einmal 21 Jahre war Felix Mendelssohn Bartholdy, als er sich erstmals mit dem Stoff auseinandersetzte. Entstanden ist daraus, freilich erst einige Jahre später, das umfangreichste Oratorium, das der Komponist der Nachwelt hinterlassen hat. Es sprüht vor Energie, Dramatik und besitzt viele biografische Züge des zum Christentum konvertierten Juden Mendelssohn.

In Kooperation mit den Moselfestwochen hat sich der Trierer Konzertchor (unter Beteiligung seiner Chorschule) unter Leitung von Manfred May des Opus' 36 angenommen und in einer Open-airVeranstaltung im Innenhof des Kurfürstlichen Palais' in Trier aufgeführt. Instrumental stand dem renommierten Chor die "Sinfonietta Saarbrücken" zur Seite.

Bei den Solisten hatte May gegenüber der Besetzung Mendelssohns, den Rotstift angesetzt und die vorgesehenen sechs Partien auf Judith Németh (Sopran), Marion Eckstein (Alt), Wolfram Wittekind (Tenor) und Thomas Berau (Bariton) verteilt und damit ein ausgezeichnetes Quartett zusammengestellt.

Németh ist in Trier keine Unbekannte mehr und wurde den Erwartungen vollkommen gerecht. Selbstbewusst, musikalisch ausgefeilt und ohne Fehl und Tadel übernahm sie die Hauptlast der weiblichen Solo-Partien. Gleiches gilt für Wittekind, der schon häufig an der Mosel auftrat. Allerdings konnte er bei hochgelegenen Passagen eine gewisse Anstrengung nicht verleugnen, was aber durchaus an dem Umstand der Freiluftaufführung gelegen haben mag. Mit Berau und Eckstein waren in Trier zwei neue Solisten zu Gast, die beide die Gelegenheit nutzten, einen überaus gelungenen Einstand zu geben. Der aus Ingolstadt stammenden junge Bariton weist schon eine beachtliche künstlerische Vita auf und bewältigte souverän seinen Part. Von der in Bernkastel-Kues geborenen Eckstein hätte man gerne mehr gehört. Ihr wenigen Partien stellte sie überzeugend dar. Sie hinterließ eine Visitenkarte, die nicht in der Ablage verschwinden sollte.

Die Leistung sowohl des Chores als auch des Orchesters war nicht so überzeugend, wie man es normalerweise von beiden Ensembles gewöhnt ist. Unbestreitbar waren die Anforderungen sehr hoch und es wäre vermessen, über das Gebotene den Stab zu brechen. Tatsache aber ist, dass insbesondere der Sopran an einigen Stellen unüberhörbare intonatorische Schwierigkeiten hatte und das Zusammenspiel der Sinfonietta manches Mal nicht makellos erschien.

Es mag sich hier die Frage stellen, ob der Innenhof des Palais für diese Aufführung der geeignete Ort war. Unbestreitbar ist es von ganz besonderem Reiz, vor den Mauern der Basilika des römischen Kaisers Konstantin die Geschichte des bekehrten Christenverfolgers darzustellen. Die alleine schon durch diesen Umstand gegebene Atmosphäre entschädigte für manche technische Unzulänglichkeit. Wahrscheinlich wären in einem geschlossenen Raum einige akustische als auch klimatische Probleme erst gar nicht entstanden.

Über die Interpretation des gewaltigen Opus mag man trefflich streiten können. Mays dargestellte Auffassung war in sich durchaus schlüssig. Ob sie der Intention des Komponisten gerecht wurde, darf jedoch in Frage gestellt werden. Das Oratorium Paulus hat in seiner Geschichte viele Formen der Darstellung erlebt, hin bis zur szenischen Aufführung im süßlich-romantischen Stil. Davon war May selbstredend weit entfernt. Den jugendlichen Biss aber, den man bei einem 24-Jährigen, von der textlichen Vorlage begeisterten Komponisten voraussetzen darf, ließ die Trierer Aufführung vermissen. Die energiegeladene, leidenschaftliche Dramatik des Inhaltes konnte May nicht überzeugend heraus arbeiten.

Langanhaltender, herzlicher Applaus war der Dank für ein beeindruckendes, wenn auch nicht in allen Teilen aufsehen erregendes Konzert.

  © Copyright 2002 Trierischer Volksfreund // Erschienen am Montag, dem 26. August 2001.