St. Maximin

Unterstützung für den Trierer Konzertchor: Ursula Targler, Margarete Joswig, Jörg Brückner und Siegmund Nimsgern (v.L.) Foto: Gerhard W. Kluth

Antonín Dvořák: Requiem

Konzert zum 100. Todestag des Komponisten

Solisten:

  • Ursula Targler - Sopran
  • Margarete Joswig - Alt
  • Jörg Brückner - Tenor
  • Siegmund Nimsgern - Bass
  • Trierer Konzertchor
  • Orchester der Stadt Trier
  • Leitung: Manfred May 

 

Drama und Meditation

TRIER. (mö) Ein doppeltes Jubiläum: Zum 40-jährigen Bestehen führt der Trierer Konzertchor das "Requiem" von Anton Dvorak auf, der vor 100 Jahren starb.

Die Vorgeschichte ist nicht gerade kompliziert, aber doch ungewöhnlich. Birmingham, die zweitgrößte Stadt Englands, vergab von 1887 an regelmäßig Aufträge an bedeutende Komponisten. 1890 trug man dem in England längst hoch geschätzten Antonin Dvorak die Vertonung von Kardinal Newmans Gedicht "The Dream of Gerontius" an. Doch Dvorak lehnte ab, und komponierte für die Industriestadt mit seiner bedeutenden, auf die Händel-Pflege zurückgehenden Chortradition das "Requiem" op. 89. Offenbar zog er die alte Liturgie der freien Dichtung vor. Der "Dream of Gerontius" wurde später von Edward Elgar vertont. Dvoraks "Requiem" erklang zum ersten Mal am 9. Oktober 1891 unter Hans Richter in Birmingham. Am Sonntag, 21. November, ist das "Requiem" um 18 Uhr in der ehemaligen Abteikirche St. Maximin in Trier zu hören. Der Trierer Konzertchor, der in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert, hat das Werk jetzt neu einstudiert. Es spielt das Städtische Orchester Trier. Die Solisten: Ursula Targler, Sopran, Margarete Joswig, Alt, Jörg Brückner, Tenor und Siegmund Nimsgern, Bass. Die Leitung hat Manfred May.

Was zeichnet Dvoraks "Requiem" aus? Manfred May hat vor allem die Emotionsstärke der Musik beeindruckt, ihre enorme Spannung, ihr großer Bogen zwischen ausladender Dramatik und Meditation.

Das viertönige Kernmotiv, das sich wie eine fixe Idee durchs Stück zieht, drückt schon aus, was das ganze Requiem beseelt: Leid, Trost und das Bewusstsein von der Endlichkeit menschlicher Existenz.

Karten in den Musikhäusern Kessler und Reisser sowie an der Theaterkasse.

© Intrinet 2004. Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung und Übernahme von Daten auch auszugsweise nur mit schriftlicher Genehmigung. // Erschienen im Trierischer Volksfreund am 21.11.2004.

 

Innehalten und nachklingen lassen

TRIER. Der dramatische Schwung blieb aus. Dvoraks "Requiem" klang beim Trierer Konzertchor eher sanft und freundlich. Manfred May setzte in St. Maximin andere Schwerpunkte.

Von unserem Redakteur Martin Möller.

Ja, es irritiert! Den ersten Fortissimo-Einsatz im "Requiem aeternam" singt der Trierer Konzertchor verhalten, fast bedächtig. Und das hoch dramatische "Dies irae" - da klingt wenig Schärfe, wenig Wucht und auch wenig rhythmische Energie mit. Und wer auf Manfred Mays Dirigiergestik achtet, stellt verwundert fest, dass der diese Energie gar nicht verlangt.

Chor zehrt nicht von Routine

Der Leiter des Trierer Konzertchors setzte andere Schwerpunkte. Antonin Dvoráks Requiem unterscheidet sich von den meisten klassisch-romantischen Kompositionen. Statt in Schwung zu kommen und dann weiterzulaufen, hält die Musik immer wieder still, holt Atem, klingt aus, horcht nach, versenkt sich fast mystisch in Einzelheiten. Da entfaltete die Aufführung ihre schönsten Momente. Da beschwor sie Ergebung und Jenseitigkeit.

Für den Chor bringt das neben den üblichen Anforderungen an Klangglanz, Intonation und Sprache einige Angststellen mit. Die geraten dem Trierer Konzertchor gelegentlich ein wenig diffus. Die Einwürfe des Frauenchors im "Graduale", die introvertierten Zwischenrufe im "Offertorium", die a-cappella-Partien im "Hostias" - man spürt, dass die Sängerinnen und Sänger nicht von Routine zehren. Aber vielleicht hat Dvorak dieses Zaghafte ja gerade mitkomponiert. Und immer wieder klingt die gläubige Hingabe dieser Musik mit.

Schade, dass das Solistenquartett das Niveau der übrigen Gruppen nicht erreichte. Die gewaltsame Klangfülle von Siegmund Nimsgern, die enge, unflexible und nasale Tongebung beim Tenor Jörg Brückner, Ursula Targlers unausgeglichener und unsauberer Sopran - da konnte auch die gradlinig, sauber und mit groß angelegten Linien musizierende Margarete Joswig wenig ausrichten, und die Quartettsätze näherten sich zeitweise der Atonalität.

Dafür entschädigte das glänzend musizierende Städtische Orchester: Ein homogener und sauberer Holzbläsersatz, markant-kultiviertes Blech und Streicher, die bis in die höchsten Höhen einheitlich und klangschön bleiben.

Es zahlt sich aus, dass Manfred May mit einem Orchester am Ort arbeiten und eingehend proben konnte.

So musizierten sich die Interpreten immer tiefer ins Werk hinein und trafen schließlich im "Offertorium" ganz den Tonfall der Musik. Eine leise, fast mystische Holzbläser-Einleitung, dann Chor und Solisten mit ihrer unschematischen, liturgienahen Melodik, ein volkstümlicher, mal sanft wiegender, mal hymnisch starker Gesang. Die große Fuge "Quam olim Abrahae" gerät zu einem Glanzstück, gerade weil man nicht einseitig auf Glanz setzt und Kontrapunkte durchexerziert.

Manfred May nimmt diesen groß angelegten Satz federnd-flexibel - waches Eingedenken statt martialischer Archaik. Der Jubel blieb aus in der voll besetzten Abteikirche St. Maximin. Aber die Musik entfaltete spürbar ihre stille Eindringlichkeit.

© Intrinet 2004. Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung und Übernahme von Daten auch auszugsweise nur mit schriftlicher Genehmigung. // Erschienen im Trierischer Volksfreund am 23.11.2004.