Amphitheater

Farbenfrohe Aufführung: die Carmina Burana im Amphitheater Trier. TV-Foto: Willi Speicher

Carl Orff: Carmina Burana

Konzert der Partnerstädte Ascoli Piceno und Trier im Kulturjahr 2007

Solisten:

  • Iris Kupke - Sopran
  • Tobias Scharfenberger - Bariton
  • Joaquin Asiain - Tenor
  • Trierer Konzertchor
  • Trierer Kinderchor
  • Sinfonietta Saarbrücken
  • Leitung: Manfred May

Buntes Spektakel auf Stelzen

Carl Orffs "Carmina Burana" als buntes Spektakel mit Stelzengängern, Masken und fliegenden Menschen: Damit begeisterte die jüngste Produktion mehr als 2500 Besucher im ausverkauften Amphitheater.

Von unserem Redakteur Dieter Lintz.

TRIER. Was der Oper die "Zauberflöte", sind dem Konzertwesen Orffs "Carmina Burana": Ein Werk, das volle Häuser und ein zufriedenes Publikum bei überschaubarem künstlerischen Risiko garantiert. Deshalb taucht die szenische Kantate nicht nur vor Boxkämpfen und in der Fernsehwerbung auf, sondern mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks auch im lokalen Konzertleben.

Der drohenden Abnutzungs-Gefahr begegnet Manfred Mays "Trierer Konzertchor" mit einer unkonventionellen Aufführungsform: Statt der puren Musik gibt es einen "audiovisuellen Leckerbissen", wie es Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink bei seiner Einführungsrede formuliert.

Aus der italienischen Partnerstadt Ascoli Piceno hat man "La Compagnia dei Folli" geholt, eine renommierte, auf hohem Niveau arbeitende Straßentheater-Truppe, die mit prachtvollen Kostümen und Masken, akrobatischen Stelzengängern, halsbrecherischer Luftakrobatik und reichlich Feuerwerk agiert.

Um das aufwendige Spektakulum zu ermöglichen, haben sich mit der Kulturhauptstadt, den Moselfestwochen, der Stadt Trier und dem Konzertchor gleich mehrere Veranstalter zusammen getan. Die Karten waren im Vorfeld schneller weg als die für den Pokalhit Eintracht gegen Schalke, entsprechend hoch sind die Erwartungen bei frischen Temperaturen im Amphitheater.

Dirigent Manfred May geht den Abend mit zügigen Tempi und strammer Rhythmik an, sein Konzertchor (mit Verstärkung des Kammerchors Cuxhaven) und die "Saarland-Sinfonietta" (mit vorzüglicher Percussion) arbeiten präzise und konzentriert. Der Verstärker-Klang kann sich nach einer kurzen Eingewöhnungsphase hören lassen, die drei Solisten (Iris Kupke, Tobias Scharfenberger, Joaquin Asiain) lassen nichts zu wünschen übrig, was Sprachgenauigkeit, Gestaltungskraft und Stimmkultur angeht.

Masken-Menschen tanzen Menuett

Und doch rückt all das ab dem Moment in den Hintergrund, wo aus dem Dunkel die ersten meterhohen Stelzenfiguren vor die Bühne gleiten. Da tanzen Masken-Menschen Menuett, da rollen feuersprühende Kampfwagen aufeinander zu, da marschieren Totenköpfe umher, und in 20 Meter Höhe schweben, an einem Kran hängend, Akrobaten mit prächtig flatternden Gewändern.

Wohl dem, der weiter hinten sitzt und alle optischen Genüsse ohne Nackenstarre genießen kann.

Auch Pyrophile kommen zu ihrem Recht, wenn es sirrt und kracht, wenn Fackeln aufscheinen und aus Sonnen-Skulpturen feurige Funken sprühen.

Dass der Abend auf dem Weg vom Spektakel zum Gesamtkunstwerk nur die halbe Strecke schafft, liegt daran, dass Bilder und Musik nicht immer zueinander passen wollen. Was Orff vertont hat, ist derbes, brutales, bäuerisches ("burana") Mittelalter, was die "Compagnia dei Folli" dazu zeigt, ist edler venezianischer Karneval. Die Kombination wirkt bisweilen etwas willkürlich.

Dem Spaß des Publikums tun solcherlei Einwände keinen Abbruch. Die Stimmung ist ausgelassen, die Produktion wird minutenlang ausgiebig gefeiert.

© Volksfreund 2007. Alle Rechte vorbehalten. // Erschienen im Trierischer Volksfreund am 20.08.2007.