St. Maximin, Trier

Robert Schumann: Szenen aus Goethes Faust und Felix Mendelssohn-Bartholdy: Die erste Walpurgisnacht

Zum 200. Geburtstag von Robert Schumann

Solisten:

  • Antje Bitterlich, Evelyn Czesla - Sopran
  • Maria Kowollik, Anke Robling - Alt
  • Andreas Post, German Robling - Tenor
  • Franz Grundheber - Bariton
  • Tobias Scharfenberger - Bariton
  • Frank Blees - Bass


Philharmonisches Orchester Trier
Trierer Konzertchor
Leitung: Manfred May

 

Drei Kehlen für einen Faust

Trier Wenn der Trierer Konzertchor am Sonntag nach St. Maximin einlädt, ist das Programm nicht unbedingt neu. Aber die Besetzung war noch nie so "trierisch": Mit Maria Kowollik, Franz Grundheber und Tobias Scharfenberger haben drei der Solisten ihre ersten musikalischen Gehversuche an der Mosel unternommen.

(DiL) Sie repräsentieren unterschiedliche Generationen, aber sie haben doch eines gemeinsam: Franz Grundheber, der Weltstar und große Menschendarsteller, Maria Kowollik, die Musikprofessorin und Gesangsspezialistin für neue Musik, und Tobias Scharfenberger, der elegante Stilist und exzellente Singschauspieler.

Ihre Berufslaufbahn wurde in Trier geprägt, und sie alle stehen in Bezug zu Manfred May, dem Leiter des Trierer Konzertchors. Grundheber war sein Jugendfreund, Kowollik und Scharfenberger seine Schüler. Alle drei treten regelmäßig mit dem Konzertchor in Trier auf, aber in dieser Konstellation ist es erstaunlicherweise eine Premiere. Um so mehr dürfte sich May auf den kommenden Sonntag freuen.

Das Programm dreht sich letztlich um Goethe. Schumanns Vertonung von Faust-Szenen und Mendelssohn-Bartholdys "Erste Walpurgisnacht" sind beliebte Bestandteile des romantischen Kernrepertoires. Der "Faust" war zuletzt 2006 zu hören, die "Walpurgisnacht" 1999 - jeweils mit den gleichen Protagonisten. Man darf gespannt sein, wie sich die musikalische Interpretation weiter entwickelt hat.

Waren die letzten Auflagen jeweils Open Air im Innenhof des Kurfürstlichen Palais, ist der Konzertchor dem Wetterstress diesmal aus dem Weg gegangen und hat sich von vornherein für St. Maximin entschieden. Das erspart die Entscheidung über einen möglichen Umzug.

Neben dem Trierer Tryptichon sind mit Antje Bitterlich (im Trierer Theater vor wenigen Jahren als Konstanze zu sehen) und Frank Blees (er gastierte in Donizettis "Liebestrank") weitere langjährige Konzertchor-Gäste dabei. Die Solistenriege wird komplettiert durch die kurzfristig für eine erkrankte Kollegin eingesprungene Evelyn Czesla, Andreas Post sowie Anke und German Robling. Es spielen die Trierer Philharmoniker.

Die Veranstaltung beginnt am Sonntag, 5. September, um 18 Uhr in der ehemaligen Abteikirche St. Maximin. Karten gibt es in den TV-Service-Centern Trier, Bitburg und Wittlich sowie an der Abendkasse.

Franz Grundheber macht sich für einen anderen großen Künstler der Region stark: Er widmet dem Schriftsteller Stefan Andres zwei Lesungen und unterstützt damit die Stefan-Andres-Gesellschaft bei der Pflege des literarischen Erbes. Die wiederentdeckten Texte werden von Gerd Demerath und Ulrich Krupp musikalisch begleitet. Die erste Lesung ist am 8. September in der Synagoge Schweich, die zweite am 9. September in der AMG-Aula, um 19.30 Uhr.

© Volksfreund 2010. Alle Rechte vorbehalten. // Erschienen im Trierischer Volksfreund am 01.09.2010.

 

Großer Beifall für die volle Dosis Romantik

Mit einem dreistündigen Mammut-Programm hat der Trierer Konzertchor am Sonntag in St. Maximin das Publikum begeistert. Mendelssohns "Walpurgisnacht" und Schumanns "Faust-Szenen" forderten Zuhörern wie Akteuren höchste Konzentration ab. Das Publikum nahm die volle Dosis Romantik mit großem Beifall auf.

Von unserem Redakteur Dieter Lintz

Trier. Mit dem, was Dirigent und Chorleiter Manfred May zusammengestellt hatte, bestreitet man andernorts schon mal zwei Konzertabende: Mendelssohn Bartholdys Kantate "Die erste Walpurgisnacht" nach Goethes Frühwerk und eine fast komplette Auswahl aus Robert Schumanns in der Musikgeschichte arg stiefmütterlich behandelten "Faust-Szenen". Der Anfang ist noch sehr verhalten: Das in der Walpurgisnacht-Ouvertüre beschriebene "schlechte Wetter" gerät den städtischen Philharmonikern eher herbstneblig-verwaschen als stürmisch-bewegt. Erst mit den klangschönen, eindrucksvoll intonierenden Hörnern nimmt der Abend Fahrt auf und gewinnt jene Spannung, die er bis zum Schluss hält.

Der Chor kommt mit einer kurzen Anlaufzeit aus, ist spätestens beim "Chor der Wächter" aufmerksam und präzise, liefert fetzige Dialoge ("Kommt mit Zacken und mit Gabeln"), untereinander wie mit dem Orchester. Und da ist Franz Grundheber, in seinem 20. Auftritt mit dem Konzertchor kraftvoll auftrumpfend als Druide der in der Ausübung ihres Glaubens bedrohten Kelten, die sich in die Illegalität zurückziehen müssen. Wenn er die Kraft des (Glaubens-) Lichtes preist, das niemand rauben kann, dann verleiht er der Rolle seine ganze Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit. Und es ist unüberhörbar, wie er dabei den Chor und das Orchester mitreißt und befeuert.

So funktioniert Schumanns "Faust" nach der Pause nicht. Tobias Scharfenberger in der Titelrolle hat ungeheure Textmengen zu bewältigen, es wird diskutiert und gerichtet, dia- und monologisiert - und man ahnt in dem einen oder anderen Moment, warum die "Faust-Szenen" sich so schwer getan haben, einen angemessenen Platz unter den Oratorien zu erobern. Aber Scharfenberger meistert die monumentale Partie souverän, mit guter Krafteinteilung und einem exzellenten Gefühl für Takt und Timing. Brillant der Schluss seiner Todesszene, wenn er den "Augenblick" erst end- und scheinbar mühelos dehnt und dann so elegant-beherrscht zu Ende bringt, dass man den Wunsch "Verweile doch, du bist so schön" ganz persönlich nachvollziehen kann. Und wenn dann der Chor in betörendem, innigen Piano das Stillstehen der (Lebens-) Uhr beschreibt, dann ist das so faszinierend, dass einem die angehängte ,Verklärungsszene fast überflüssig erscheint. Die Solisten des Abends, die den beiden Protagonisten Grundheber und Scharfenberger zur Seite stehen, können durchweg überzeugen. Allen voran Antje Bitterlich, die ein anrührendes, jungmädchenhaftes Gretchen zeichnet, dann aber den harten Bruch zur Ausgestoßenen auch stimmlich umsetzt, das anfängliche Schmachten durch Schmerz und Bitterkeit ersetzt. Da würde man sich den mitleidlosen Chor der Gläubigen eine Spur bösartiger, bedrängender wünschen. Auch Frank Blees, im ersten Teil ein vorzüglich artikulierender Keltenwächter, klingt als Mephistopheles fast zu kultiviert und harmlos. Andreas Post macht in verschiedenen Rollen mit seiner höhensicheren, edel timbrierten Tenorstimme auf sich aufmerksam, Maria Kowollik liefert prägnante kleine Charakterstudien, Evelyn Czesla, Anke und German Robling tragen ohne Fehl und Tadel zu den stimmigen Ensembleszenen bei. Der Konzertchor klingt ausgewogen, findet zu einem guten Zusammenwirken mit den sich im Laufe des Abends stetig steigernden Philharmonikern. Am Ende ausgiebiger, herzlicher Beifall im voll besetzten Saal.

© Volksfreund 2010. Alle Rechte vorbehalten. // Erschienen im Trierischer Volksfreund am 07.09.2010.